Gehirnwellen und ihre Bedeutung für den Schlaf

Alpha, Theta, Delta – während des Schlafs lassen sich in unserem Gehirn verschiedene Aktivitäten beobachten.  Je nach Schlafphase verändern sich dabei auch die Gehirnwellen. Welche Bedeutung die unterschiedlichen Hirnfrequenzen haben und welche Gehirnwellen besonders im Schlaf auftreten, erfährst du hier.

 Inhaltsverzeichnis:

  1. Wie entstehen Gehirnwellen?
  2. Welche Gehirnwellen gibt es?
  3. Welche Bedeutung haben Gehirnwellen für den Schlaf?
  4. Können Gehirnwellen beeinflusst werden?
  5. Fazit

1. Wie entstehen Gehirnwellen?

Das menschliche Gehirn besteht aus etwa 80 Milliarden Nervenzellen, den sogenannten Neuronen, die sich mithilfe von elektrischen Impulsen vernetzen und miteinander kommunizieren. Jeder dieser Impulse erzeugt winzige elektromagnetische Wellen mit einer Frequenz von bis zu 100 Schwingungen pro Sekunde (100 Hertz). Die zahlreichen unterschiedlichen Wellen überlagern sich und bilden ein elektromagnetisches Muster, das mithilfe einer Elektroenzephalographie (EEG) gemessen werden kann. Dabei werden spezielle Elektroden an der Kopfhaut angebracht, mit denen die elektrische Aktivität aufgezeichnet wird.

Schlafmagazin: Gehirnwellen-Messung im Schlaflabor mit EEG

Die unterschiedlichen Hirnwellen lassen sich mit bestimmten Bewusstseinszuständen und Aktivitäten verbinden. Je intensiver das Gehirn aktiv arbeitet, desto stärker sind auch die Impulse und Schwingungen der Nervenzellen. Welche Gehirnwellen in einem bestimmten Moment vorrangig auftreten, kann also Aufschluss über die Gehirnaktivität geben und zeigen, in welchem Zustand sich unser Hirn und unser Bewusstsein gerade befindet.

2. Welche Gehirnwellen gibt es?

In der Regel werden 5 Arten von Hirnwellen anhand ihres Schwingungsspektrums unterschieden: Gamma-, Beta-, Alpha-, Theta- und Deltawellen.

Schlafmagazin Gehirnwellen Arten Frequenz

Gamma (ca. 40-100 Hz)

Gammawellen sind sehr schnelle Hirnwellen, durch die eine schnelle Informationsübertragung von Gehirnareal zu Gehirnareal erreicht werden kann. Sie kommen ausschließlich im Wachzustand und verstärkt vor, wenn wir anspruchsvolle Aufgaben erledigen und eine hohe Konzentrations- und Leistungsfähigkeit erforderlich wird. Die Gammawellen sind noch wenig erforscht, aber Wissenschaftler vermuten inzwischen, dass sie auch mit der Koordination der Zellnetzwerke im Gehirn zusammenhängen.

Beta (12 – 40 Hz)

Betawellen können gemessen werden, wenn wir uns in einem aufmerksamen Wachzustand befinden und sind daher diejenigen Hirnwellen, die bei einem normalen gesunden Menschen tagsüber vorranging auftreten. Sie zeigen einen Zustand, in dem wir bei vollem Bewusstsein, aufnahmefähig und konzentriert sind.

Niedrige Betafrequenzen stehen dabei für eine entspannte, aber aufmerksame Lage. Der mittlere Beta-Bereich entspricht dem gesunden Wachzustand mit einer normalen Leistungsfähigkeit. Ein hoher Betawellen-Bereich spricht dagegen für eine erhöhte Ausschüttung von Stresshormonen und kann Angst, Stress oder Nervostität widerspiegeln.

Alpha (8 – 12 Hz)

Alphawellen sind etwas langsamer als Betawellen. Sie treten in der Regel auf, wenn wir vom Wach- in den Ruhezustand gehen und bilden eine Brücke zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein. Dann sind wir zwar wach, aber sehr passiv und entspannt, die Konzentration und Aufnahmefähigkeit ist gedrosselt und man befindet sich sozusagen in einem Stand-By-Zustand, der auch in den Schlaf münden kann. Alphawellen werden mit einer hohen Lern- und Erinnerungsfähigkeit in Zusammenhang gebracht, die sich tatsächlich auch beim Übergang in oder aus dem Schlaf zeigen kann. Wer beim Aufwachen am Morgen aus dem Thetabereich (Schlaf) in einen Halbschlaf (Alphabereich) übergeht, kann sich mit hoher Wahrscheinlichkeit an seine Träume erinnern. Wechseln wir dagegen direkt in den Betazustand, können wir uns nicht mehr an Geträumtes erinnern.

Theta (4 – 8 Hz)

Wenn wir vom Wachzustand langsam in den Schlaf übergehen, sind im EEG hauptsächlich Thetawellen zu sehen. Sie entstehen in einem Zustand, in dem das Bewusstsein sich zurückzieht und zunehmend das Unterbewusstsein aktiv wird. Thetawellen finden also üblicherweise beim Einschlafen, in den leichten Schlafphasen, dem Traumschlaf (REM-Schlaf), aber auch in tiefer Meditation oder hypnotischer Trance statt. Besondere Merkmale dieser Phase sind eine ausgeprägte Fantasie, eine hohe plastische Vorstellungskraft und der Wegfall der bewussten Denkfunktion, was typisch für die Traumphasen des Schlafs ist.

Delta (0,5 – 4 Hz)

Die langsamen Deltawellen treten hauptsächlich im Tiefschlaf auf und kommen im Wachzustand kaum vor. Während dieser Phasen schlafen wir tief und fest, denn das Bewusstsein ist vollständig außer Kraft gesetzt. Der Körper konzentriert sich dagegen auf regenerative und heilende Prozesse, Wachstumshormone werden ausgeschüttet und die Gesundheit sämtlicher Zellen und Organe wird sichergestellt. Der Tiefschlaf gilt aus diesem Grund als eine der wichtigsten Erholungsperioden des Körpers, die wir nie bewusst erleben, aber dringend benötigen.

 3. Welche Bedeutung haben Gehirnwellen für den Schlaf?

Jede Nacht durchlaufen wir mehrere Schlafzyklen, die sich in vier Schlafphasen aufteilen. In jeder dieser Schlafphasen findet in unserem Gehirn etwas anderes statt – das Gedächtnis wird gebildet, Erinnerung miteinander verknüpft oder die Energiespeicher in den Körperzellen aufgefüllt. Aufgrund dieser unterschiedlichen Aktivtäten zeigen sich in den einzelnen Schlafphasen ganz bestimmte Gehirnwellen.

Wenn wir schlafen, kommen wir zu Ruhe und die bewusste Aktivität fährt herunter. Daher hängt der Schlaf hauptsächlich mit den langsameren Theta- und Delta-Gehirnwellen zusammen.

Vor dem Zubettgehen beginnen wir optimalerweise bereits damit, zu entspannen und unsere Aktivität zu verringern. Betawellen verlangsamen sich zu Alphawellen und wir kommen in einen ruhigen, vielleicht schon schläfrigen Zustand. Beim Einschlafen gehen die Alphawellen üblicherweise in langsame Thetawellen über, das Bewusstsein schwindet und wir gleiten in den Leichtschlaf. Mit dem Wechsel in die Tiefschlafphase befinden wir uns dann im Deltawellen-Bereich. Im darauffolgenden REM-Schlaf steigt die Hirnaktivität wieder etwas an, wir träumen und es entstehen vorrangig Theta-Wellen.

Die Hirnaktivität hängt auch sehr stark mit dem Energiestoffwechsel zusammen. Da nahezu jeder neuronale Impuls Energie benötigt, ist der Energieverbrauch bei einer hohen Aktivität (Gamma, Beta) deutlich höher als in Phasen reduzierter Aktivität. Im Tiefschlaf (Deltawellen) ist der Energieverbrauch im Gehirn um -40% geringer als im Wachzustand. Dies ist auch der Grund, warum sich im  (Tief-) Schlaf unsere Energiespeicher wieder auffüllen können und wir so im wahrsten Sinne des Wortes voller Energie in den nächsten Tag starten können. 

 Schlafmagazin Theta- und Delta-Gehirnwellen in verschiedenen Schlafphasen in der NachtDas Erwachen aus dem Schlaf kann über Alphawellen in den für den Wachzustand üblichen Betawellen münden, oder aus dem unbewussten Thetazustand direkt in den Betabereich wechseln. Wer den Halbschlaf überspringt, kann sich allerdings weniger wahrscheinlich an seine Träume erinnern, als diejenigen, denen die Alphawellen als Brücke zurück ins Bewusstsein dienen.

Die Messung der Gehirnwellen spielt in der Schlafforschung eine große Rolle, weil sie Aufschluss darüber geben kann, wann wir uns in welcher Schlafphase befinden. Das EEG ist daher ein fester Teil der so genannten Polysomnographie (PSG), die in der Schlafmedizin als Goldstandard bei der Diagnostik von Schlafstörungen gilt.

4. Können Gehirnwellen beeinflusst werden?

Das menschliche Gehirn zeichnet sich durch eine hohe Anpassungsfähigkeit aus, die auch als Plastizität bezeichnet wird. Dadurch kann es sich auch in seiner Aktivität an äußere Einflüsse anpassen, wenn diese einen bestimmten Rhythmus vorgeben. Das kann insbesondere bei Krankheitsbildern wie Parkinson oder Alzheimer hilfreich sein, die mit einer veränderten Hirnaktivität einhergehen.

In gewisser Hinsicht können wir auch lernen, unsere Gehirnwellen selbst zu verändern, in dem wir unseren Bewusstseinszustand zum Beispiel durch Meditation oder Hypnose lenken. Das klappt aber nicht in allen Wellenbereichen. Im Beta- und Alphafrequenzbereich, also im aktiven und passiven Wachzustand, lassen sich die Hirnwellen am besten beeinflussen.

 Möglichkeiten zur Beeinflussung der Gehirnwellen:

  • Meditation/Hypnose
  • Akustische Signale (z. B. Binaurale Rhythmen, Klänge mit bestimmten Frequenzen)
  • Visuelle Reize (z. B. Stroboskop-Lichttherapien)
  • Neurofeedback
  • Elektromagnetische Stimulierung (z. B. Transkranielle Magnetstimulation)

5. Fazit

  • Gehirnwellen entstehen durch elektrische Impulse im Gehirn und stehen in Zusammenhang mit dem Bewusstseins- und Aktivitätszustand
  • Man unterscheidet 5 Wellenarten anhand der Frequenz: Gamma, Beta, Alpha, Theta und Delta
  • Während des Schlafs kommen vorrangig Theta- (Leichtschlaf, REM-Schlaf) und Deltawellen (Tiefschlaf) vor
  • Gehirnwellen können teilweise beeinflusst werden, zum Beispiel durch Meditation, Hypnose, akustische und visuelle Reize oder spezielle Neurofeedback- und Stimulationstherapien

Liebe Grüße und bis bald!

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