Chronobiologie: Die innere Uhr verstehen
Jeder von uns besitzt eine innere Uhr, die unseren Biorhythmus und das Schlaf-Wach-Verhalten steuert. Wie die innere Uhr funktioniert und warum sie so wichtig für unsere Gesundheit ist, erfährst du hier.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist die innere Uhr?
- Zeitgeber der inneren Uhr
- Welchen Einfluss hat die innere Uhr?
- Welchen Einfluss hat die innere Uhr auf den Schlaf?
- Veränderungen der inneren Uhr im Laufe des Lebens
- Was passiert, wenn die innere Uhr gestört ist?
- Fazit
1. Was ist die innere Uhr?
Die innere Uhr bezeichnet das biologische System, das die zeitlichen Abläufe in unserem Körper steuert und ihn an einen bestimmten Rhythmus anpasst. Es besteht aus einer Hauptuhr (Master Clock), die unseren 24-Stunden-Rhythmus synchronisiert und vielen peripheren Uhren, die in den Organen und Geweben sitzen.
Die Master Clock befindet sich direkt in unserem Gehirn, genauer gesagt im Nucleus suprachiasmaticus (SCN), einem Teilbereich des Hypothalamus. Sie legt unseren Schlaf-Wach-Rhythmus fest, steuert die peripheren Uhren und bestimmt die sogenannte circadiane Rhythmik, an die sich nahezu alle Körperprozesse anpassen. Diese Rhythmik ist bereits von Geburt an durch sogenannte Uhren-Gene (Clock-Genes) in unseren Zellen festgelegt und sorgt für einen synchronisierten Ablauf der Körperfunktionen mit dem Tag-Nacht-Rhythmus.
Der circadiane Rhythmus ist aber nicht exakt auf den 24-Stunden-Tag ausgerichtet, sondern geht tatsächlich etwas länger, nämlich ca. 24 Stunden und 11 Minuten. Um sich dem natürlichen 24 Stunden Tag-Nacht-Rhythmus anzunähern, muss das innere Uhrensystem daher immer wieder reguliert werden. Das geschieht mithilfe der inneren Uhren und deren so genannter Zeitgeber. Der wichtigste und stärkste Zeitgeber ist das Licht.
2. Zeitgeber der inneren Uhr
Licht
Licht ist der wichtigste und stärkste Zeitgeber der inneren Uhren. Es wird von speziellen Zellen in unserem Sehnerv erfasst, welche ein Signal an den suprachiasmatischen Kern im Gehirn aussenden. Von dort aus werden zahlreiche physiologische Prozesse gesteuert, zum Beispiel die Freisetzung bestimmter Botenstoffe und Hormone sowie zahlreiche Stoffwechselaktivitäten.
Ernährungszeiten
Auch der Stoffwechsel und die Ernährung hängen eng mit der inneren Uhr zusammen. So können die Zeit der Nahrungsaufnahme und die Nahrungszusammensetzung einen direkten Einfluss auf unsere innere Uhr ausüben. Das richtige Mahlzeiten-Timing kann deshalb bei Reisen durch Zeitzonen auch die Effekte eines Jetlags reduzieren.
Psychische Faktoren (Belastungen, Sorgen)
Psychische Belastungen, häufiges Grübeln oder anhaltende Sorgen können sich auch auf den inneren Rhythmus auswirken, indem sie z. B. das Einschlafen verzögern.
Körperliche Aktivität
Auch körperliche Aktivität kann durch den direkten Einfluss auf unseren Stoffwechsel und zahlreiche physiologische Systeme unsere innere Uhr beeinflussen. Bewegung bei viel Tageslicht kann akut die Wachheit fördern, wogegen körperliche Belastungen mit höherer Intensität am Nachmittag den Schlafdruck erhöhen und somit das Einschlafen am Abend erleichtern können. Demnach kann körperlicher Aktivität zur richtigen Zeit auch helfen, den inneren Rhythmus und den Schlaf zu verbessern.
3. Welchen Einfluss hat die innere Uhr?
Die innere Uhr entscheidet über zahlreiche Körperfunktionen. Sie steuert die Körpertemperatur, den Blutdruck, die Ausschüttung von Hormonen und Botenstoffen sowie den Stoffwechsel und den Schlaf-Wach-Rhythmus. Das wird zum Beispiel an natürlichen Schwankungen im Tages- und Nachtverlauf ersichtlich.
So kann der Körper zu bestimmten Zeiten Nahrung besser verarbeiten oder Blutzuckerschwankungen einfacher ausgleichen. Bevor Neugeborene sich an den Einfluss des Lichts gewöhnen, ist die Nahrungsaufnahme der Hauptzeitgeber und steht in enger Verbindung mit dem Schlaf.
Zudem hängt auch die Aktivität der einzelnen Organe mit dem zirkadianen Rhythmus zusammen. In der traditionellen Chinesischen Medizin gilt, dass jedes Organ bestimmte Arbeits- und Ruhezeiten hat. Die Energie durchfließt den Körper demnach in 12 Meridianen (Bahnen), die jeweils mit einem Körperorgan verbunden sind. Strömt besonders viel Energie hindurch, ist das Organ besonders aktiv.
4. Welchen Einfluss hat die innere Uhr auf den Schlaf?
Die innere Uhr reguliert den Schlaf-Wach-Rhythmus und orientiert sich dabei größtenteils an Licht und Dunkelheit. Das heißt, sie beeinflusst, wann wir abends einschlafen und wann wir morgens aufstehen können. Solange es hell ist, wird die Produktion des „Schlafhormons“ Melatonin im Gehirn und den Zellen gehemmt. Mit abnehmender Lichteinwirkung (also bei zunehmender Dunkelheit) wird die Melatoninproduktion wieder aktiviert, wodurch der Körper auf den Schlaf vorbereitet wird und Müdigkeit eintritt. Melatonin selbst macht aber nicht müde, sondern bereitet den Körper nur auf den Schlaf vor, indem es die Körpertemperatur reguliert und den Zellstoffwechsel aktiviert.
Dieser Ablauf kann, abhängig von der Lichtempfindlichkeit, von Mensch zu Mensch etwas unterschiedlich sein. Deshalb unterscheidet man in der Chronobiologie insgesamt drei Chronotypen: Den Früh-, den Spät- und den Neutraltypen.
🌅 Frühtyp (Lerche)
Frühtypen sind in der Regel bereits früh wach, haben kaum Probleme mit Müdigkeit am Morgen und können schnell in den Tag starten. Sie sind schon am Morgen körperlich und geistig leistungsfähig. Durch den frühen Start in den Tag setzt am Abend aber vergleichsweise früh die Müdigkeit ein.
🌇 Spättyp (Eule)
Spättypen sind auch am Abend noch leistungsfähig und erst zu später Stunde richtig müde. Sie erreichen ihr Leistungshoch meist in den späten Abendstunden und brauchen am frühen Morgen länger, um wach zu werden und auf Touren zu kommen. Weil unsere sozialen Strukturen einen frühen Tagesbeginn bevorzugen, muss besonders der Abendtyp häufig auf wichtige Schlafstunden verzichten, weil der gelebte Rhythmus nicht zu seiner natürlichen Rhythmik passt.
⚪ Neutraltypen (Taube)
Die meisten Menschen sind Neutraltypen, das heißt sie sind weder extrem früh, noch sehr spät wach.
5. Veränderungen der inneren Uhr im Laufe des Lebens
Die grundlegende zeitliche Ausrichtung und der Chronotyp eines Menschen sind bereits von Geburt an in den Uhrengenen festgelegt. Im Erwachsenenalter ist das Licht der stärkste und effektivste Taktgeber. Diese Fähigkeit muss sich jedoch in den ersten Lebensmonaten erst entwickeln. Bis etwa zum 6. Lebensmonat zeigen Babys ein polyphasisches Schlafverhalten – das heißt sie schlafen in vielen kürzeren Schlafphasen, die über den Tag und die Nacht verteilt sind. Danach reifen die so genannten Ganglienzellen im Auge aus und die Kinder passen sich langsam an den lichtbedingten Tag-Nacht-Verlauf an.
In der Pubertät kann es dann vorkommen, dass sich der Chronotyp vorübergehend leicht in Richtung Spättyp verschiebt. Das ist jedoch ganz normal und bis ins Erwachsenenalter kehren wir in der Regel wieder zu unserem ursprünglichen Typus zurück.
6. Was passiert, wenn die innere Uhr gestört wird?
Störungen der circadianen Rhythmik kommen in der heutigen Gesellschaft immer öfter vor. Durch Schichtarbeit, Reisen durch Zeitzonen (Jetlag) oder soziale Verpflichtungen leben wir häufig gegen unseren natürlichen Rhythmus, etwa weil wir abends zu lange wach bleiben, morgens zu früh aufstehen müssen oder zu Zeiten arbeiten, in denen die innere Uhr eigentlich auf Ruhe und Schlaf steht. Das bringt das gesamte biologische System durcheinander, wodurch es in erster Linie zu Schlafstörungen kommen kann. Viele weitere gesundheitliche Probleme können, nicht zuletzt durch einen gestörten Schlaf, entstehen. Deshalb ist es wichtig, sich an den eigenen Rhythmus bestmöglich anzupassen und sich auf Veränderungen, etwa bei einer Zeitumstellung oder Fernreise, ausreichend vorzubereiten.
Wie du einen Jetlag am schnellsten hinter dir lässt, erfährst du in diesem Artikel.
7. Fazit
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In der Chronobiologie geht es um die zeitlichen Biorhythmen des Körpers
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Die innere Uhr besteht aus einer Hauptuhr (Master Clock) im Gehirn und vielen kleinen Uhren in den Körperzellen & Organen
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Es gibt drei Chronotypen: Frühtypen, Spättypen und Neutraltypen
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Schichtarbeit, Reise-Jetlag und sozialer Jetlag stören die innere Uhr und schaden dem Schlaf und der Gesundheit